Platon
Unsere heutigen Naturwissenschaftler haben mit ihrer kalten
Funktionalität das moralisch-ethische Anliegen der Religionen mit
ihrer Sinngebung und Wertevermittlung weitgehend verdrängt. Der
moderne Mensch wird sich der dadurch entstehenden Sinnleere mehr und
mehr bewußt und sucht daher nach Lösungen. Im Verborgenen existiert
eine gemeinsame Sprache. Es sind die Zahlen, die das entstandene
Vakuum füllen und die scheinbaren Gegnerschaften aufheben. Sie zählen
und erzählen zugleich und erschaffen somit eine neue Sicht der Welt.
Große Denker wie Platon haben immer wieder darauf hingewiesen:
"Die wahre Wirklichkeit sind nicht die Einzeldinge dieser Welt,
sondern die allgemein urbildhaften Ideen ... was denn jeder mit als
Erstes erlernen muß. Diese ganz bescheidene Weisheit:
die richtige Kenntnis der Eins, der Zwei und der Drei...
Es obliegt uns, ... diejenigen, die künftig im Staate der höchsten
Amtsgewalt teilhaftig sein sollen, zu veranlassen, sich ... mit ihnen
zu befassen, nicht etwa bloß in laienhafter Weise, sondern bis sie
durch reine Vernunftstätigkeit zur Anschauung der wahren Natur der
Zahlen gelangt sind, eine Art der Behandlung, die nichts gemein hat
mit Kaufen und Verkaufen wie bei Kaufleuten und Krämern ...
Denn was seinen Anfang im Nichtwissen hat, und wessen Ende und Mitte
aus dem, was man nicht weiß, zusammengeflochten ist - wie kann aus
einer solchen Einhelligkeit des Nichtwissens sich jemals Wissenschaft
ergeben?
Siehst Du also, mein Freund, daß wir dieses Lehrfach mit vollem Recht
für notwendig für uns erklären, da es die Seele offenbar nötigt auf
dem Wege des reinen Denkens sich der reinen Wahrheit zu nähern?...
Aus allen diesen Gründen dürfen wir auf dieses Lehrfach nicht
verzichten, sondern müssen die besten Köpfe sich darin unterweisen
lassen."
PLATON (zit. aus "Der Staat")
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